Sterben heißt, sich verewigen

Wir wollen hier nicht von den rituellen Formen sprechen, die in Verbindung mit Tod und Sterben stehen und die im menschlichen Zusammenleben von Kultur und Zeitepoche von Gesellschaft zu Gesellschaft variieren, sondern den Blick auf universelle Gesetze richten, die den allgemeingültigen Rahmen des Todes vorgeben und so verbindendes, unveränderliches Element aller Kulturen sind.
Wir sprechen von den universellen Grundlagen des Sterbens, die die wahre Natur dessen, was IST, der menschlichen Form unentrinnbar vorgibt ...

Auf der Ebene der universalen Prinzipien sind Sterben und Tod Ausdruck unserer spirituellen innersten Essenz.
Sterben offenbart die besondere Natur unseres Bewusstseins.
Sterben offenbart Bewusstseins als universelle Gesetze des Werdens und der Manifestation.
Und Sterben zeigt in großer Klarheit die geheimnisvolle Verbindung auf von Schöpfung und Ewigkeit
- von Vergänglichem und ewig Seienden
- von der spontanen Öffnung der linearen Zeit in erweiterte Raum-Zeit-Dimensionen bis hin zur Nicht-zeit.
Sterben erzählt etwas über die Stärken und Schwächen unseres Lebens und seiner Geschichte, über die Struktur und die Gesetze der feinstofflichen Körper und der beteiligten Bewusstseinsebenen und Sterben erzählt als Höhepunkt über die innere Einheit vom “persönlichen“ Bewusstsein und dem bewusst-los ewig Seienden. Im Sterben wird deutlich, dass das Individuelle bloßer Schein ist und individuelle Existenz immer schon nur als Widerschein des Ewig Seienden möglich war.

Der Höhepunkt der Sterbenserfahrung liegt in der Tiefe und Klarheit der Einheitserfahrung und öffnet in die Ein–sicht, dass wir nicht der Körper sind. Vielmehr verlässt lediglich der Aspekt des Bewusstsein, der als Körperkraft (prana) den Körper am Leben erhielt, den physischen Ort seines bisherigen Wirkens. Der individuelle Bewusstseinsausdruck vereint sich wieder mit der kreativen Fülle des Bewusstseins, wie ein Sonnenstrahl, der zur Sonne zurückkehrt. Im Sterbeprozess erlöst sich das Körper-Ichbewusstsein und mit dem Sterben enthüllt sich die tiefste aller Wahrheiten, dass Leben als Ewig Seiendes IST.

In den Phasen des Sterbens wird die Heilung und Freisetzung der Schleier erlebbar, die unsere innerste Wirklichkeit, das unbewegte Da-SEIN, das jenseits ist von Zeit und Raum, verhüllen.
Was stirbt im Sterben ?
Das Ich und alles was sich bisher für „persönlich und einzigartig“ gehalten hat und mit der menschlichen Form des Seins und seiner Geschichte identifiziert war.
Das Bewusstsein verlässt seine über die Lebenskraft bewirkte Verankerung im Physischen und ordnet sich neu in den feinstofflichen un-persönlichen Welten der „kreativen Masse„ (Substanz) des Bewusstseins.
Sterben heißt sich verewigen. In letzter Konsequenz heißt das, das Erlösen der Formen im Formlosen, um da(s) zu sein, was wir immer schon sind und auch vor der kurzzeitlichen Manifestation in einem Körper und in der Form des individuellen Ausdrucks schon waren: ewig stilles nicht definiertes, reines SEIN.
Im Sterbeprozess sind nicht die karmischen Beschränkungen (=festgezurrte mentale und emotionale Identifikationsmuster und Konzepte der Wahrnehmung) entscheidend, sondern die tiefe Kraft der Energie der Einheit, die in allen Formen wohnt.
Sterben ist daher ein Prozess der Einheits-findung, der Vereinheitlichung der Grundkräfte des Lebens.
Sterben ist ein Prozess der Abstraktion, in dem das Viele zum Einen zurückfließt, in dem die Differenzierung und Vielfalt erlischt im Nicht-definierten.
Sterben heißt sich einen und „entleeren„ vom Persönlichen und von den Resonanz- bereichen, die zwischen dem individuell wirkenden Ausdruck der Schöpfung (der Matrix der Seele) und der universellen kreativen Kraft des Bewusstseins (mahat) als den Menschen beeinflussend formende Inkarnationsmuster bestanden haben.

 

Das Leerwerden geschieht so auf 2 Ebenen.

1) auf der Ebene der Lebensgeschichte:
es heilen karmische Konflikte, d.h. als Einengung schmerzhaft empfundene Lebensmuster und Kernerfahrungen, die die Grundthemen, die Dauerbrennerthemen des betreffenden Wesens ausgemacht haben und mit denen das Ich nicht im reinen ist. Das „Ich„ macht seinen Frieden in der Selbst-annahme dessen, was im Bewusstsein auftaucht.

2) auf der Ebene der Seele, des Jiva:
Die Matrixebenen, die als sich verdichtendes Bewusstsein die Grundlage für die individuelle Inkarnation waren, lösen sich in den besonderen Resonanzbereichen zur kollektiven menschlichen Erderfahrung ab.
Kollektive aber individuell gefilterte erlebte Bewusstseinsinhalte wie Formen von Gewalt, Hass, Abwehr von Leben tauchen im Strebeprozess auf, aber auch spirituelle Kernformen der Gotteserfahrung, die für das Individuum wesentlich waren (das Christus- oder Buddha-Bewusstsein, Engelformen etc.)
Erst wenn im feinstofflich kreativen Bewusstsein ein innerer Punkt der harmonischen Gleichheit aller Formen erreicht ist, fällt die Bewegung ins Un-bewegte und Leben und Ewigkeit werden EINS.
Es öffnet stilles Sein, die letzte Wirklichkeit dessen, was IST.

Die einzelnen Facetten des Leerwerdens oder der Harmonisierung der Bewusstseins-inhalte können vor oder nach dem Rückzug des Bewusstseins aus dem physischen Körper geschehen; das hängt, vereinfacht gesagt, von der „Reife“, den Einheitspotentialen und dem Einheitsverstehen der “Seele„ ab.
Aus der Perspektive des Sterbens ist die Bewegung des Bewusstseins eine Bewegung der Abstraktion vom konkret persönlichen Er-scheinen in physischer Form zum universellen Bewusstseins-Widerschein (Mahat/Hiranygarbhya – Isvara)
Der ganze Prozess bis hin zu den entstehenden neuen Ordnungen im Feinstofflichen (im Idealfall entsteht videhamukta – die Leerheit der Schöpfung, d.h. alles, was nicht wesentlich ist, erlöst sich im Formlosen).

Jegliche Bewegung des Bewusstseins beim Sterben wird getragen durch die innere Kraft, die von dem ausgeht, das immer IST, von der immerwährenden nie endenden Präsenz des Absoluten.